Geschichte
Die große Ravensburger Humpisgesellschaft
Die Vorfahren, die Humpis waren bereits bedeutende Kaufleute.
Im 14. Jahrhundert erlebte die Reichsstadt Ravensburg durch die Ravensburger Handelsgesellschaft eine einmalige Blütezeit. Damals bestand in ihren Mauern eine von namhaften Patriziern gegründete Handelsgesellschaft - die größte und originellste der damaligen Welt (Noch lange vor den Fuggern) - welche mit außerordentlichen Gewinnen nach Spanien (Barcelona, Saragossa, Valencia, Ibiza, Mallorca), Italien (Como, Mailand, Venedig, Neapel, Genua), Frankreich (Avignon, Lyon), Schweiz (Genf, St. Gallen), Österreich (Wien) usw. Handel betrieb.
Der entstandene Reichtum kam nicht nur ihnen zugute, sondern beeinflusste das Gedeihen der Reichsstadt Ravensburg und den Wohlstand der Büger.
Die Ravensburger Handelsgesellschaft ist nicht an einem Tag gegründet worden. Sie entstand allmählich aus der Zusammenarbeit mehrerer im Fernhandel tätiger Familiengesellschaften:
der Humpis aus Ravensburg, der Mötteli von Buchhorn (FN) und der Muntprat von Konstanz.
Zwischen 1380 und 1408 dürften sich die Humpis und die Mötteli zusammengeschlossen haben, während die Muntprat wohl nicht vor 1411 hinzukamen. Als die wichtigsten Persönlichkeiten der Gründergenerationen sind Henggi Humpis, Rudolf Mötteli und Luitfried Muntprat anzusehen. Praktische kaufmännische Überlegung dürfte der Grund für den Zusammenschluss gewesen sein.
Die Familie Humpis stellte über all die Jahre des Bestehens der Handelsgesellschaft den 1. Regierer.
Deshalb wurde sie auch Humpisgesellschaft oder nach dem Vor- und Nachnamen des ersten Regierer genannt.
Die Verkehrswege und der Transport der Waren erfolgten im Allgemeinen auf dem Landweg. Die wichtigste Verbindung zu Wasser bestand zwischen den spanischen Häfen und Genua. Von Venedig aus durften alle deutschen Kaufleute grundsätzlich keine Waren verschiffen, sondern mussten alles auf dem Landweg fortschaffen. Was von Frankreich, Italien oder Spanien in die Küstenstädte an der Nordsee, z.B. nach Flandern, geschickt wurde, kam keineswegs immer per Schiff dorthin, sondern nahm häufig den Weg Rhone aufwärts, durch die burgundische Pforte, durch Frankreich oder die Graubündner Pässe. Auch wurden nicht alle Waren über Ravensburg geführt, sondern gingen direkt auf die entsprechende Messe oder Stadt. Aus den Papieren der Gesellschaft erfahren wir, dass auch im Winter Waren transportiert wurden, sogar über die Alpen, meist über dem Septimer oder Splügenpass.
Zum Transport gehörte neben Waren auch Geld, da man sich noch nicht überall des bargeldlosen Zahlungsverkehrs mit Wechseln bedienen konnte. Geld wurde meist in den Warensendungen versteckt.
Auch für den Stadtrat von Ravensburg oder befreundete Geschäftsleute übernahm die Gesellschaft gelegentlich Geldtransporte, natürlich auf Risiko des Auftraggebers, denn nicht jeder Warentransport erreichte sein Ziel.
Die Waren konnten unter irgendeinem Vorwand konfisziert werden. Am gefährlichsten waren Transporte auf dem Wasser, die daher von den Ravensburgern auch möglichst gemieden wurden, getreu ihrer Grundeinstellung, lieber Vorsicht walten zu lassen als Risikofreude.
Wie intensiv der Warentransport war, wird aus den wenigen überlieferten Zahlen deutlich. Allein zwischen Ravensburg und Nürnberg wurden in zwölf Monaten, von Oktober 1479 bis Oktober 1480, insgesamt 37 Warentransporte abgewickelt. Verpackt waren die Waren teils in Ballen, Fässern oder Kisten. Ein Warentransport von Ravensburg nach Como (Grenze Schweiz-Italien) dauerte etwa 13 Tage, ungefähr ebenso lang ein Transport von Ravensburg nach Genf. Eine Warensendung von Saragossa nach Ravensburg kam in ca. 32 Tagen ans Ziel, was ein Tagesdurchschnitt von 34,5 km entsprach.
Die Ravensburger Handelsgesellschaft handelte vor allem mit folgenden Waren: Leinwand, Barchent, Tuche, Seide, Seidenstoffe, Baumwolle, Wolle, Pelz, Felle, Leder, Wachs, Metalle, Metallwaren, Gewürze, Südfrüchte, Zucker, Reis, Öl, Farbstoffe und sonstige mediterrane Luxuswaren.
Eine Darstellung der Ravensburger Handelsgesellschaft kann man während des Rutenfestes in Ravensburg am historischen Festzug verfolgen. Das Rutenfest findet alljährlich, wenn es den Sommerferien der Schulen entgegengeht, statt.